Vorsicht! Baisse-Gefahr!Wer in der Lage ist, das Aktienklima eindeutig zu bestimmen, kann sich entsprechend an den Börsen positionieren: In der Hausse wird das Depot zu 100% mit guten, trendstarken Aktien bestückt, in der Baisse oder im Crash ist man nicht mehr investiert oder setzt gar auf fallende Kurse.
„Noch kein Alarm“ lautete die Überschrift dieser monatlichen Kolumne zum allgemeinen Aktienklima vor genau fünf Wochen (s. Kolumne vom 07.05.). Das Fazit lautete damals: „Derzeit geht es an den Börsen nicht richtig weiter. Bedenkt man allerdings, dass wir aus einer Crash-Phase kommen und in den ersten 2½ Monaten diese Jahres eine für alle überraschende Kursrally erlebt haben, dann sollte die laufende Konsolidierung als ein gesundes Ausatmen der Märkte betrachtet werden. Die Indikatoren schlagen derzeit jedenfalls noch nicht Alarm.“
Davon kann inzwischen allerdings keine Rede mehr sein!
Der Monat Mai war in seinen Auswirkungen an den weltweiten Börsen desaströs. Im Durchschnitt fiel das Kursniveau fünfzig internationaler Indizes um 7,9 Prozent! Dabei fallen Börsenplätze wie Athen (-25%) und Moskau (-20%) deutlich aus dem Rahmen. Der DAX büßte knapp 7,4 Prozent ein. Insgesamt war das Aktienklima im Mai so schwach, dass 49 von 50 Börsenindizes den Monat im Minus abschlossen. Das Sprichwort „Sell in May“ traf und trifft dieses Jahr also voll und ganz zu!
Damit ist die Euphorie-Phase nach der fulminanten Kursrally in den ersten drei Monaten wieder komplett verflogen. Denn im Durchschnitt aller Börsen ergibt sich jetzt nur noch ein Plus von mageren 0,15 Prozent seit Jahresbeginn. Dabei gehört der MDAX mit einem Zugewinn von bisher 14 Prozent noch zu den besten Indizes weltweit, während der spanische IBEX 35 mit einem Kursrückgang von 29 Prozent seit Anfang des Jahres die rote Laterne hält.
Abb. 1: Aktienklima-Indikator vor dem Baisse-StadiumDer Aktienklima-Indikator in
Abbildung 1 war bereits Mitte Mai unter seinen Schwellenwert (1,0) gefallen und hatte damit die Börsenphase einer Konsolidierung verlassen. Das Stadium einer allgemeinen Korrektur an den Aktienmärkten begann.
Durch diesen Rückgang ist der als Signalgeber fungierende gleitende Durchschnitt (s. roter Pfeil „GD“) so weit nach unten gefallen, dass er jetzt nur noch marginal über diesem Schwellenwert liegt. Es kann davon ausgegangen werden, dass er mit den Schlusskursen von heute oder vom kommenden Montag die Schwelle nach unten durchbricht.
Damit würde das Modell dann in die (dunkelrote) Phase einer „Baisse“ übergehen. In den letzten drei Jahren war das in der Grafik an den beiden mit dem Buchstaben „A“ gekennzeichneten Stellen ebenso der Fall.
Ob aber das Ganze nur zu einer der üblichen Sommerdellen wie beispielsweise im Jahr 2010 führt oder aber wie zuletzt ein größerer Abschwung vor uns liegt, kann natürlich nicht genau vorhergesagt werden. Jedenfalls scheint es ist offensichtlich zu sein, dass die Märkte der Politik immer weniger zutrauen, die Probleme in der Euro-Zone dauerhaft und nachhaltig zu lösen. Das drückt sich nicht nur in einem schwachen Euro, sondern eben auch in fallenden Aktienmärkten aus. Und mit Spanien scheint nach Griechenland nun schon der nächste Wackelkandidat vor der Tür zu stehen.
Abb. 2: DAX mit Global Market-Indikator im tiefroten BereichDer von mir entwickelte Global Market-Indikator in
Abbildung 2, der die technische Verfassung von über 1.000 deutschen und internationalen Aktien bewertet, ist ein Spiegelbild der Verfassung der Aktienmärkte. Er ist in seiner Signalgenerierung reagibler als der Aktienklima-Indikator und hatte schon am 11. Mai ein Ausstiegssignal gegeben (s. Abwärtspfeil). Zurzeit befindet auch er sich in der tiefroten Zone (s. schwarzer Pfeil) und auch hier sollte man mit einem Neueinstieg abwarten, bis er sich wieder in die grüne Zone verbessert hat.
Abb. 3: Verhältnis steigender (blau) und fallender GDs (rot) zueinanderViele Anleger arbeiten im Rahmen der Chartanalyse gerne mit gleitenden Durchschnitten (GDs). Es ist daher durchaus angebracht, einmal zu hinterfragen, wie viele gleitende Durchschnitte steigen in den wichtigsten internationalen Börsenindizes und wie viele fallen derzeit.
In der
Abbildung 3 ist das für lang-, mittel- und kurzfristige GDs dargestellt. Dafür werden die Verhältnisse steigender zu fallender GDs bei 200-Tage, 90-Tage und 40-Tage-GDs verwendet.
Der Monat Mai hat dafür gesorgt, dass sich die Verhältnisse der GDs in fünfzig regelmäßig beobachteten Indizes deutlich zu Gunsten der Bären verbessert haben. Es hat quasi eine „Rotverschiebung“ stattgefunden. Insbesondere im Bereich der kurz- und mittelfristigen Einschätzung ist der Daumen für die Aktienmärkte seit der letzten Betrachtung Ende April deutlich nach unten gegangen.
Fazit:
Der DAX ist gerade dabei, seine 200-Tage-Linie, die von vielen Marktteilnehmern als wichtige Unterstützung angesehen wird, nach unten zu durchbrechen.
Zusammen mit den anderen hier vorgestellten Indikatoren wird mehr als deutlich, dass die gesamte Situation auf der Kippe steht bzw. zu kippen beginnt. Derartige Börsenphasen überbrückt man unter Risiko-Aspekten sicher am besten mit einem leeren Aktien-Depot. Das sollte Ihnen klar sein.
Mehr Informationen zur Strategie von Ralf Goerke finden Sie unter:
www.momentumstrategie.de.