Crash-Stadium an den Börsen erreichtWer in der Lage ist, das Aktienklima eindeutig zu bestimmen, kann sich entsprechend an den Börsen positionieren: In der Hausse wird das Depot zu 100% mit guten, trendstarken Aktien bestückt, in der Baisse oder im Crash ist man nicht mehr investiert oder setzt gar auf fallende Kurse.
Der September war tatsächlich einmal mehr der erwartet schwache Börsenmonat. Seit Ende August fiel das weltweite Kursniveau um durchschnittlich 6,4%. Nur drei von fünfzig internationalen Börsenindizes schafften es, ein Plus zu erwirtschaften: der türkische ISE National 100 (+10,8%), der Schweizer SMI (+1,5%) und der indische BSE Sensex (+0,1%).
Massiv unter die Räder kamen dagegen die osteuropäischen Börsen. Allen voran der Polish Traded Index (PTX). Er verlor sage und schreibe 20,5%! Auf den Rängen zwei und drei der größten Monatsverlierer liegen der russische RTX (-18,3%) und der Czech Traded Index (-17,0%).
Auch die deutschen Indizes konnten sich dem allgemeinen Abwärts-Sog nicht entziehen: DAX (-2,5%), SDAX (-4,7%), MDAX (-5,9%) und TecDAX (-9,6%).
Der hier zur allgemeinen Orientierung erstmals veröffentlichte Aktienklima-Indikator hat sich im September weiter verschlechtert.
Abb. 1: Aktienklima-Indikator (3 Jahre)Die Grafik in der
Abbildung 1 zeigt Ihnen die Entwicklung der durchschnittlichen Schwungkraft an den internationalen Börsen für den Zeitraum der letzten drei Jahre. Bereits Ende Juni fiel der Indikator mit seinem gleitenden Durchschnitt unter seinen Schwellenwert bei 1,0 (roter Pfeil A). Das ist gleichbedeutend mit dunklen Wolken, die am Horizont
aufziehen. Nun muss sich das nicht immer gleich in einem Gewitter entladen. Das zeigt sehr schön das vergangene Jahr. Auch hier fiel der Indikator in den Sommermonaten unter den Schwellenwert (dunkelrote Phase 2010), was sich im Nachhinein jedoch nur als „Sommerdelle“ an den Börsen entpuppte. Ein Warnsignal, dass sich das allgemeine Aktienklima verschlechtert, erhält der Anleger aber in jedem Fall. Und darauf kommt es schließlich an.
Deutlich erkennbar ist nun im Chartbild, dass das Aktienklima derzeit so schlecht ist, wie zuletzt während des Subprime-Crashs der Jahre 2008/2009. Wie kann man nun Crash- und Baisse-Phasen voneinander unterscheiden und sie eindeutig definieren, so dass eine Aussage wie die in der Überschrift dieser Kolumne gerechtfertigt ist?
Zunächst einmal dürfte klar sein, dass ein Börsencrash ein Phänomen ist, das nicht alle Tage auftritt. Eine Indikation, die mir dieses Marktstadium zu häufig anzeigt, wäre nutzlos. Eine zusätzliche Voraussetzung muss ebenso sein, dass eine „nachhaltige“ Abwärtsbewegung festzustellen ist. Diese darf – und das ist eine weitere Voraussetzung – nicht nur in einem Index auftreten, sondern muss die überwiegende Mehrheit der weltweiten Börsenindizes betreffen. Diese Bedingungen lassen die berechtigte Frage zu, was denn „nachhaltig“ ist? Schließlich geht es hier darum, die Marktphasen nicht nach dem Bauchgefühl zu bestimmen, sondern nach klaren, fest vereinbarten, messbaren und allgemein nachvollziehbaren Größen.
Schauen Sie sich dazu einmal die folgende Abbildung an (
Abbildung 2).
Abb. 2: DAX 15 Jahre mit Baisse- (B) und Crash (C) PhasenSie sehen im oberen Chartfenster den DAX über einen Zeitraum von 15 Jahren. Darunter ist der geglättete Aktienklima-Indikator abgebildet. Zur besseren Übersicht wurden in das Chartbild durch die vertikal gestrichelten Linien jeweils nur der Beginn eines Baisse-Stadiums (B) und der Beginn eines Crash-Stadiums (C) eingeblendet. Die vielen Hausse-Signale wurden nicht berücksichtigt. Die „Nachhaltigkeit“ für den Beginn einer Baisse-Phase war dann gegeben, wenn der Indikator-Linie unter ihren Schwellenwert (1,0) fiel. Um aber ein Crash-Stadium zu erreichen, muss der Indikator noch „nachhaltiger“ fallen, so dass er sogar den unteren Schwellenwert bei 0,9 durchbricht (dunkelrote Phasen). Dies passiert aber eher selten – genau wie ein Crash eine Ausnahmesituation an den Börsen darstellt.
Demnach gab es in den letzten 15 Jahren fünf Phasen, die nach der Interpretation dieses Modells die Bezeichnung „Crash“ verdienten. Die aktuelle Phase ist mit dem schwarzen Pfeil gekennzeichnet. Auch jetzt ist der Wert dieses Indikators wieder kleiner 0,9 und deshalb kann mit Fug und Recht auch jetzt wieder von einem Börsen-Crash gesprochen werden. Auf diese Weise gelingt es, durch die Messung von Marktbewegungen vieler Indizes, Marktphasen eindeutig zu definieren – zur besseren Orientierung der Investoren!
Für diejenigen Anleger, die nicht nur den DAX als Maß aller Dinge betrachten, sondern auch mal gerne über den Tellerrand hinausschauen, sei noch die nächste Grafik empfohlen (
Abbildung 3).
Abb. 3: Relation gleitender Durchschnitte internationaler IndizesDie Grafik untersucht das Verhältnis steigender und fallender gleitender Durchschnitte (GD) in den fünfzig wichtigsten internationalen Indizes. Eine steigende 200-Tage-Linie beispielsweise steht für einen Markt, der sich langfristig(!) in einem Aufwärtstrend befindet. Vor einem Monat betrug dieses Verhältnis noch 40:10. Das heißt, dass 40 internationale Indizes eine fallende 200-Tage-Linie hatten und nur 10 Indizes eine steigende. Inzwischen hat sich dieses Verhältnis weiter auf sogar 49:1 (linker Balken) verschlechtert! Auch die anderen GD-Einstellungen, die mittel- und kurzfristig zu sehen sind, zeigen die kritische Situation in den anderen Zeitintervallen.
Fazit:Die hier vorgenommen Analysen verdeutlichen, dass sich die internationalen Aktienmärkten in langfristigen(!) Abwärtstrends befinden. Eine Trendumkehr ist nicht einmal andeutungsweise zu erkennen. Wenn der DAX also wieder mal drei oder vier Prozent an einem Tag gewinnt, dann werten Sie das bitte als das, was es ist: als Erholung in einem übergeordneten Bärenmarkt mit Crash-Charakter. Es müssen sich erst grundlegende Dinge an den Börsen ändern, ehe man von einer allgemeinen Trendwende sprechen kann.
Von daher heißt es ganz klar: Keine Experimente – Finger weg von diesen Märkten!
Mehr Informationen zur Strategie von Ralf Goerke finden Sie unter:
www.momentumstrategie.de